Oranje wählt! Bis zum einschließlich 17. März finden Wahlen in den Niederlanden statt. Gewählt wird das neue Parlament, das derzeit von einer Koalition aus vier verschiedenen Parteien regiert wird. Die meisten Stimmen erhielt bei der letzten Wahl 2017 die liberale Partei VVD. Die Niederlande sind politisch gesehen ein spannendes Land. Hier erfahrt ihr einige Fakten, die die politische Landschaft in den Niederlanden so besonders machen.
17 Millionen Einwohner, 37 Parteien
Ja, richtig gelesen. Die Niederländer können am 17.03. aus 37 unterschiedlichen Parteien auswählen. 37 unterschiedliche, aber sich auch teils überlappende Ideologien, Weltanschauungen und Meinungen. Kein Wunder also, dass die Niederlande, wie auch wir in Deutschland, von einer Koalitionsregierung regiert werden. Die jetzige Koalition besteht aus der liberalen VVD, der christlich-demokratischen CDA, der linksliberalen D66 und der christlich-demokratischen CU. Wie ihr seht, gibt es also in dieser Koalition zwei Parteien, die sich dem christlichen Spektrum zuordnen.
Auch auf der linken Seite gibt es verschiedene Parteien, die sich durch kleine Nuancen voneinander unterscheiden. Die PvdA ist mit unserer SPD zu vergleichen. Groen Links ist ein Mix aus grüner und linker Politik. D66 wiederum ist eine Partei der linken Mitte. Die SP hingegen hat ihre Wurzeln in der maoistischen Bewegung der 70-er Jahre.
Ihr fragt euch jetzt sicher: wie kann es sein, dass es so viele Parteien gibt? Das liegt an der proportionalen Vertretung. Während in Deutschland Parteien an der 5%-Hürde scheitern können (also 5% der Wählerstimmen), braucht es in den Niederlanden eigentlich nur 0,75%, um einen Sitz im Parlament zu gewinnen. Die Parteien sollen eben proportional vertreten werden und kleine Parteien nicht benachteiligt werden. Dieses System gab es schon in den 20-er Jahren. Damals waren lediglich 25 Stimmen nötig, um ins Parlament einziehen zu können. Darum haben 1933 zum Beispiel sage und schreibe 54 Parteien an den Wahlen teilgenommen. Hut ab. Wenn ihr mehr dazu wissen wollt, könnt ihr hier nachschauen.
Wahlen in den Niederlanden: nicht ohne Lijstduwers
In den Niederlanden wählt man nur mit einer Stimme. Gewählt wird die Partei, die in die zweite Kammer (das Parlament) einziehen soll. Wie auch bei uns stehen in jeder Partei verschiedene Kandidaten auf der Liste. Doch je weiter unten, desto wahrscheinlicher, dass diese Person ein Lijstduwer ist.
Was ist ein Lijstduwer? Ein Lijstduwer ist meistens eine bekannte niederländische Person, die auf dem letzten Platz der Kandidatenliste steht. Diese Person will nicht wirklich ins Parlament gewählt werden. Es ist eine Art Wahlwerbung, so wie Schauspieler das in den USA machen. Die berühmte Person zeigt damit, dass sie die Partei wirklich unterstützt. Komisch, oder? Denn, warum sollte man auf einer Liste zur Wahl stehen, wenn man gar nicht gewählt werden will? Manchmal kommt es auch vor, dass der Lijstduwer (aufgrund seiner/ihrer Bekanntheit) tatsächlich die Mehrheit der Stimmen bekommt. Diese Person kann dann schon ins Parlament einziehen.
„Lijst“ steht für „Liste“. „Duwen“ bedeutet „schieben, schubsen“, also der, der die Liste von unten anschubst. Das Gegenteil ist der „Lijstrekker“, die Person, die auf dem ersten Listenplatz steht („trekken“ bedeutet „ziehen“). Der Schwimmer Maarten van der Wijden ist nach 2017 dieses Jahr zum zweiten Mal Lijstduwer für die VVD (die Liberalen). Und der jetzige Ministerpräsident Rutte ist der Lijsttrekker.
Wahl-O-Mat
Jeder kennt ihn und benutzt ihn auch klammheimlich: den Wahl-O-Maten. Die Niederländer haben ebenfalls einige Wahlhelfer zur Auswahl. Besonders witzig finde ich den Wahl-O-Maten von Arjen Lubach. Er ist einer der bekanntesten Fernsehmoderatoren und Komiker mit seiner Show „Zondag met Lubach“ (Sonntag mit Lubach). Am 07.März hat er in der Show seinen eigenen Wahl-O-Maten vorgestellt: Keezer’s Quest (eigentlich „kiezer“ für „Wähler“).
Ich finde diesen Wahl-O-Maten mega witzig. Denn man spielt eigentlich ein Computerspiel und „kämpft“ sich von Level zu Level. Der Spieler ist ein Held, der durch den Wald geht und verschiedene Waldbewohner antrifft. Die erzählen über ihre Probleme und Visionen und man kann als Wähler entscheiden, ob man dem eher zustimmt oder das eigentlich bescheuert findet. Zugegeben: dieser Wahl-O-Mat ist wahrscheinlich mehr zur Unterhaltung gedacht. Aber das Ergebnis, das bei mir rauskam, war gar nicht so daneben.
Die Partei Bij 1 steht für Feminismus und Multikulturalismus und spricht sich gegen Rassismus und Kapitalismus aus. Im Großen und Ganzen passt das zu mir.
Fazit
Nach 1,5 Jahren beginne ich langsam, das politische System in den Niederlanden zu verstehen. Bei diesen Wahlen in den Niederlanden darf ich zwar (noch) nicht mitmachen. Aber wer weiß: wenn es mal so weit ist, habe ich ja vielleicht meine eigene Partei … Bis dahin lehne ich mich entspannt zurück und stoße mit einem Bierchen auf das neue Parlament an.